COMPONO - VON DIESEM LATEINISCHEN WORT...
- resischaflechner
- 31. März
- 7 Min. Lesezeit
... LEITET SICH DER BEGRIFF KOMPOST AB.
Expertin, wie man einen Komposthaufen richtig anlegt, ist unsere Waltraud.
Waltraud instruiert uns immer wieder, damit wir das Aufsetzen richtig durchführen.
Am 17. März hat Waltraud im Pfarrsaal in Pöls Ihr Wissen an zahlreiche Interessierte weitergegeben. Ihr Vortrag kann im angeschlossenem Skriptum nachgelesen werden.
Novalis: Wir sind auf einer
Mission - Zur Bildung der
Erde sind wir bestimmt!
Ich freue mich, dass ich heute hier mit Ihnen über ein lebendiges Thema, man könnte
fast sagen, dem Herzensthema jedes Gartenmenschen – sinnieren darf. Und
unter Sinnieren verstehe ich, dem Sinn vom Kompostieren nach-denken. So
beginne ich philosophisch mit der Frage, was denn eigentlich Kompost heißt,
führe dann über zur Praxis, wie man zu einem guten Kompost kommt und frage
am Ende, welchen Sinn es überhaupt hat, Kompost zu bereiten.
So lassen Sie uns mit der Definition beginnen:
Kompostieren heißt, abgestorbenes Organisches und totes Mineralisches in
neues Leben führen
Um ein Verständnis darüber zu gewinnen, möchte ich mit Ihnen ganz vorn anfangen.
Seit der Mensch die Instinkt-Sphäre transzendiert, also das Reich der Tiere
verlassen hat, beschreibt er seine Überlegenheit über das Tier damit, dass er
denken kann und wohl auch deshalb über die Natur verfügen darf.
Das Tier handelt instinkthaft, beim Menschen geht dem Handeln das Denken
voraus. Das Denken wiederum beruht auf dem Begriff, welcher wiederum in
einem Wort ausgedrückt wird. Also geht das Wort dem Tun voraus. Wir haben
immer eine Idee oder eine Vorstellung von dem, was wir tun und bewirken wollen.
Und schreibt nicht Johannes im ersten Satz seines Evangeliums:
„Im Anfang war das Wort?“
Und so wollen wir heute mit dem Wort beginnen – mit dem Wort „Kompost“.
Um meine Zeit nicht mit Cookies-Einstellungen zu verschwenden, suchte ich im
lateinischen Wörterbuch nach dem Wort, von welchem „Kompost“ abstammt –
und ich wurde fündig, reichlich sogar. Denn Kompost kommt von
Compono, 3 possui, compositum (pass. compostus) und weist, sage und schreibe,
neunundvierzig Deutungsmöglichkeiten auf:
Zusammensetzen, -stellen, -legen, schichten, sammeln, bestatten, zurechtlegen, -
stellen, ordnen, zur Ruhe legen, schlichten, gestalten, u.v.a.m.
In einem zweiten Schritt löste ich jene Begriffe heraus, welche in Bezug auf
Kompost Sinn machen. Sie sind schnell gefunden – nach dem
Ausschließungsverfahren: Zusammensetzen macht wenig Sinn, denn ich kann
abgestorbene, organische Substanz oder Erde nicht setzen, detto ist es mit
stellen. Also bleibt nur legen über. So wird legen zum selbstverständlichen
Begriff, wenn ich von Kompost spreche. Ich lege gemähtes Gras oder Zweige hin,
ich schichte sie in Lagen auf – und Lage bezieht sich wieder auf legen. Wir
schichten also Lage auf Lage auf, wie der Maurer Ziegelreihe um Ziegelreihe das
Haus aufbaut, bauen wir Lage um Lage unsere Kompostmiete auf und geben ihr
am Ende auch noch ein Dach aus Stroh, Erde oder einem Vlies.
Und jetzt kommt die alles umfassende Frage:
Wer wird denn hier zur Miete wohnen?
Noch im Fragen wird klar, dass das Leben selbst in diese Miete
einziehen wird – das Leben in seiner Vielgestaltigkeit, in Form von Bakterien,
Pilzen, Asseln, Würmern und anderen Bodenlebewesen.
Und damit ist alles über Kompost gesagt:
Wir legen aus dem Leben Gefallenes (in unserem Sprachgebrauch: organischer
Abfall) in grün und braun wechselnden Schichten (Erde, frisches Grünes,
Vertrocknetes) sorgfältig übereinander und bauen so die Kompost-Miete in einer
harmonischen Proportion von Breite und Höhe auf und decken sie zu, damit
neues Leben einziehen, sich hier beheimaten kann – wir wollen ja am Ende der
Kompost-Werdung eine lebendige Substanz, welche unseren Gartenböden gut
ernährt, damit gesunde Pflanzen aus ihm wachsen können. Das Ziel im Sinne
einer nachhaltigen Bodenbelebung ist damit erreicht.
So hat uns das Nach-Denken über den Begriff Kompost hingeführt zu einer
Haltung zum Kompost, welche sich in einem achtungsvollen Verständnis
und einer klaren Wortwahl zum Ausdruck bringt.
Wir hauen, schmeißen, werfen nicht mehr, sondern wir legen.
Wir legen es auf eine Miete anstatt auf einen Haufen.
Wir beleben mit dem Kompost den Boden, anstatt die Pflanze zu ernähren.
Wir entsorgen nicht mehr den Abfall, sondern tragen Sorge für einen guten
Umwandlungsprozess.
Mit dieser, aus dem Denken gewonnenen - also menschengemäßen - Haltung,
dürfen wir nun mit der Arbeit beginnen und besinnen uns dabei des
Goethewortes:
Das Was bedenke, mehr bedenke wie!
1. Die erste Frage wird sein: Wo baue ich meine Kompostmiete auf?
Als erstes suche ich einen Ort, an dem ich jeden Tag einmal vorbeikomme – denn
die Kompostmiete braucht meine Aufmerksamkeit. Ich lege sie an einem Ort an,
wo der Wind nicht auf ihre lange Seite trifft. Im Frühjahr achte ich darauf, dass
ihre lange Seite nicht gegen Süden schaut, damit sie nicht austrocknet. Lege ich
die Miete im Herbst an, achte ich darauf, dass gerade ihre Längsseite nach Süden
schaut, damit sie genug Wärme bekommt.
Sobald ich den Ort gefunden habe überlege ich den Platzbedarf:
Freigelassener Platz zum Umsetzen - Platz für die Miete - Platz zum Sammeln
2. Wie baue ich die Kompostmiete auf?
Die Grundüberlegung ist: Welches Material fällt an zum Kompostieren? Trockene
Blätter, dürre Äste, Strauchschnitt, Grasschnitt, Gejätetes, Küchenabfälle, Asche
u.a.m.
Im Prinzip beginnt man mit einer trockenen Schicht, darüber kommt Erde, dann
Grünes oder frisches Organisches, weiter wieder Trockenes, Erde, Grünes….
Die Schichten werden gleichmäßig gelegt, damit keine Fäulnisherde oder
Trockenstellen sich bilden können.
Ist die Miete hoch genug (mindestens 90 cm), gießt man sie gut ein und deckt sie
entweder mit Stroh, langem Gras oder einem Kompostvlies zu.
Abdeckung
Erdiges, Ton
trockenes Material
frisches Organisches
Erdiges, Ton, Kompost
trockenes Material, Zweige
etwas Kalk oder Steinmehl darüber streuen
frische Küchenabfälle, Grasschnitt, Mist
trockenes Material, Zweige, Blätter
auf Gartenerde oder Wiese die erste Schicht legen
Über die nassen Küchenabfälle oder anderem nassen, frischen Organischem
streut man (wie Staubzucker) Kalk darüber, damit der ph-Wert gehalten wird,
keine Fäulnis sich entwickelt und kein Gestank entsteht. Die Kompostmiete darf
zu keiner Zeit stinken und der entstandene Kompost soll am Ende geruchlos sein.
Biodynamisch arbeitende Gärtner und Gärtnerinnen präparieren sie noch mit
den Kompostpräparaten von Eichenrinde, Brennnessel, Kamille, Schafgarbe,
Löwenzahn und Baldrian, damit die Umwandlungsprozesse harmonisch
beginnen können.
Wann setze ich die Miete auf, wie gestalte ich das Sammeln und wie oft
muss man umsetzen?
Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem man eine Miete aufsetzen muss, sondern das
hängt vom anfallenden oder gesammelten Material ab. Das Sammeln der
Materialien bedarf einer gut durchdachten Struktur, abhängig vom vorhandenen
Platz. Wenn man die Materialien getrennt sammelt, braucht man für jede Art
einiges an Platz und außerdem könnte es sein, dass z.B. die Küchenabfälle zu
stinken anfangen, d.h. dass der ph-Wert sinkt. Zu dicht aufeinander liegender
Grasschnitt wird heiß und beginnt ebenfalls zu stinken. Deshalb können wir das
Sammeln besser in Lagen gestalten und dann eben öfter eine Miete aufbauen.
4. Was passiert nun in der Miete?
Als erstes ziehen sofort Bakterien ein, da viel energiereiches Material dabei
ist (alles Grüne). Sie beginnen mit dem Abbau der organischen Struktur.
Dazu wird Sauerstoff benötigt. Nach der ersten Hitze kommen auch Pilze
dazu, welche diesen Abbau unterstützen und nach ein zwei weiteren
Wochen beginnt schon der Umbau. Nach mehreren Wochen können wir im
besten Fall schon die ersten Würmer und Springschwänze entdecken,
welche nun den neuen Kompost aufbauen.
Bedingungen für einen harmonischen Ablauf dieser Prozesse:
Alles Lebensgeschehen hängt vom Verhältnis der vier Grundelemente Wasser,
Erde, Luft und Feuer ab. Deshalb müssen wir die Verhältnisse der Elemente
genauer ins Auge fassen, wenn wir gute Lebensverhältnisse schaffen wollen. Im
Hinblick auf die richtigen Bedingungen in der Kompostmiete lassen wir uns
gerne von Aristoteles beraten. Er suchte nach der goldenen Mitte zwischen den
menschlichen Eigenschaften und entwickelte dafür eine brauchbare Struktur: Er
fragte, wo die Mitte zwischen Übermut und Feigheit liegt und kam so auf den
Mut, welcher als Tugend für eine gute Lebensführung ganz brauchbar ist. Und so
können wir auch nach der Mitte der Eigenschaften fragen, welche die
Lebensprozesse in der Kompostmiete optimal unterstützen:
Wasser: nass – trocken / Was ist hier die Mitte?
Der Kompost sollte durchfeuchtet sein
Zu nass: kein Luftzutritt, anaerobe Situation, Fäulnis
Zu trocken: keine Aktivität
Was kann ich tun?
Ist der Kompost zu nass, muss ich ihn wenden und trockenes Material einbringen.
Ist der Kompost zu trocken, dann gießen wir ihn.
Feuer: heiß – kalt / Was ist hier die Mitte?
Der Kompost sollte durchwärmt sein
Zu heiß: führt zu hohen Verlusten
Zu kalt: keine Umbauprozesse
Was kann ich tun?
Ist der Kompost zu heiß wende ich ihn und gebe Erde bei zur Abkühlung.
Ist der Kompost zu kalt, dann wende ich ihn und heize ein, d.h. ich gebe viel
frisches Grünes bei.
Luft (Licht): dicht – luftig/ Was ist hier die Mitte?
Der Kompost sollte durchlüftet sein
Zu locker: trocknet aus
Zu dicht: anaerobe Situation, keine Bakterien
Was kann ich tun?
Liegt der Kompost zu locker, dann wende ich ihn und füge etwas Schweres bei
(Erdiges und gut feuchtes Organisches)
Ist der Kompost zu dicht, dann wende ich ihn und füge Äste bei, dass er Lufträume erhält.
Erde: mineralisch – organisch/Was ist hier die Mitte?
Der Kompost sollte durcherdet sein
Zu viel organische Substanz: faulig
Zu viel Erde: wenig Düngerwirkung
Was kann ich tun?
Hat der Kompost zu viel organische Substanz, dann wende ich ihn und füge ihm
Trockenes und Erdiges bei.
Ist der Kompost zu erdig, dann wende ich ihn und füge ihm organische Substanz bei.
Durchfeuchtet, durchwärmt, durchlichtet, durcherdet sind Empfindungsbegriffe
und diese Empfindung können wir am Kompostierungsprozess gut schulen, sodass wir ihr auch immer mehr vertrauen lernen und wir nicht immer nach „verlässlichen Zahlen“ spähen, damit wir Sicherheit im Tun gewinnen. Denn auch wir fühlen uns wohler in durchwärmten, durchfeuchteten, durchlichteten und durchlüfteten Bedingungen.
Für alle, die mehr über die Abbau- und Aufbauvorgänge wissen wollen, habe ich diese Tabelle von DI Florian Amlinger (Netzwerk Kompost) eingefügt. Mit ihm habe ich über Jahre immer wieder am Thema Kompost gearbeitet.
Hier finden Sie eine vereinfachte Übersicht über die an der Kompostierung beteiligten Prozesse:
Erst sie bauen die von den Bakterien und Pilzen vorbereiteten organischen
Materialien zusammen mit den Tonanteilen in Ton-Humus-Komplexe oder
ugs. ausgedrückt in „Gasthäuser zum goldenen Krümel“ um.
Ohne sie hätten wir nur mineralischen Abbau (Bakterien und oft Umsetzen)
oder Vertorfung (abiotische Humifizierung).
Wir aber wollen Krümel (Ton-Humus-Komplexe) – und wenn wir das Bild
anschauen, wissen wir auch warum: Mit ihnen können wir dauernde
Bodenfruchtbarkeit aufbauen. Verständnis bringend darüber zu sprechen
fehlt uns heute die Zeit und es würde dieser umfassenden Thematik nicht
gerecht werden, sie nur zu streifen.
Eine Zeichnung von Dr. Jürgen Friedel, a.o. Univ. Prof. an der BOKU Wien (gest. 2005) in memorian
Krümelige Erde führt:
zur verbesserten Wasseraufnahme (Schwammfunktion des Bodens)
zur ausgeglichenen Ernährung der Pflanze und Anregung zu reichen
Wurzelbildung, da die Pflanze ihre Nahrung suchen muss
zu Dauerfruchtbarkeit des Bodens
zu reicherem Bodenleben
Unter der Voraussetzung, dass die Krümel nicht zerstört werden durch:
zertrümmernde Bodenbearbeitung (Fräsen und
zapfwellengetriebene Bearbeitungsmaschinen, übermäßiges Hacken)
mangelnden Schutz vor Regengüssen (zu wenig gemulcht oder begrünt)
Für alle unter Euch, die im Umgang mit dem Lebendigen auch nach dem
Spirituellen suchen, möchte ich hier noch eine Gedankenfährte legen und
ermutigen, das Kompostgeschehen aus der Perspektive der drei Tage
Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag zu meditieren!
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine krümelige Zeit
in ihrem Garten oder auf dem Feld!
Waltraud Neuper, Pöls am 17.3.2025
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