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COMPONO - VON DIESEM LATEINISCHEN WORT...

... LEITET SICH DER BEGRIFF KOMPOST AB.


Expertin, wie man einen Komposthaufen richtig anlegt, ist unsere Waltraud.



Waltraud instruiert uns immer wieder, damit wir das Aufsetzen richtig durchführen.


Am 17. März hat Waltraud im Pfarrsaal in Pöls Ihr Wissen an zahlreiche Interessierte weitergegeben. Ihr Vortrag kann im angeschlossenem Skriptum nachgelesen werden.


Novalis: Wir sind auf einer

Mission - Zur Bildung der

Erde sind wir bestimmt!


Ich freue mich, dass ich heute hier mit Ihnen über ein lebendiges Thema, man könnte

fast sagen, dem Herzensthema jedes Gartenmenschen – sinnieren darf. Und

unter Sinnieren verstehe ich, dem Sinn vom Kompostieren nach-denken. So

beginne ich philosophisch mit der Frage, was denn eigentlich Kompost heißt,

führe dann über zur Praxis, wie man zu einem guten Kompost kommt und frage

am Ende, welchen Sinn es überhaupt hat, Kompost zu bereiten.


So lassen Sie uns mit der Definition beginnen:

Kompostieren heißt, abgestorbenes Organisches und totes Mineralisches in

neues Leben führen

Um ein Verständnis darüber zu gewinnen, möchte ich mit Ihnen ganz vorn anfangen.

Seit der Mensch die Instinkt-Sphäre transzendiert, also das Reich der Tiere

verlassen hat, beschreibt er seine Überlegenheit über das Tier damit, dass er

denken kann und wohl auch deshalb über die Natur verfügen darf.

Das Tier handelt instinkthaft, beim Menschen geht dem Handeln das Denken

voraus. Das Denken wiederum beruht auf dem Begriff, welcher wiederum in

einem Wort ausgedrückt wird. Also geht das Wort dem Tun voraus. Wir haben

immer eine Idee oder eine Vorstellung von dem, was wir tun und bewirken wollen.


Und schreibt nicht Johannes im ersten Satz seines Evangeliums:

„Im Anfang war das Wort?“


Und so wollen wir heute mit dem Wort beginnen – mit dem Wort „Kompost“.


Um meine Zeit nicht mit Cookies-Einstellungen zu verschwenden, suchte ich im

lateinischen Wörterbuch nach dem Wort, von welchem „Kompost“ abstammt –

und ich wurde fündig, reichlich sogar. Denn Kompost kommt von

Compono, 3 possui, compositum (pass. compostus) und weist, sage und schreibe,

neunundvierzig Deutungsmöglichkeiten auf:

Zusammensetzen, -stellen, -legen, schichten, sammeln, bestatten, zurechtlegen, -

stellen, ordnen, zur Ruhe legen, schlichten, gestalten, u.v.a.m.


In einem zweiten Schritt löste ich jene Begriffe heraus, welche in Bezug auf

Kompost Sinn machen. Sie sind schnell gefunden – nach dem

Ausschließungsverfahren: Zusammensetzen macht wenig Sinn, denn ich kann

abgestorbene, organische Substanz oder Erde nicht setzen, detto ist es mit

stellen. Also bleibt nur legen über. So wird legen zum selbstverständlichen

Begriff, wenn ich von Kompost spreche. Ich lege gemähtes Gras oder Zweige hin,

ich schichte sie in Lagen auf – und Lage bezieht sich wieder auf legen. Wir

schichten also Lage auf Lage auf, wie der Maurer Ziegelreihe um Ziegelreihe das

Haus aufbaut, bauen wir Lage um Lage unsere Kompostmiete auf und geben ihr

am Ende auch noch ein Dach aus Stroh, Erde oder einem Vlies.

Und jetzt kommt die alles umfassende Frage:

Wer wird denn hier zur Miete wohnen?

Noch im Fragen wird klar, dass das Leben selbst in diese Miete

einziehen wird – das Leben in seiner Vielgestaltigkeit, in Form von Bakterien,

Pilzen, Asseln, Würmern und anderen Bodenlebewesen.


Und damit ist alles über Kompost gesagt:

Wir legen aus dem Leben Gefallenes (in unserem Sprachgebrauch: organischer

Abfall) in grün und braun wechselnden Schichten (Erde, frisches Grünes,

Vertrocknetes) sorgfältig übereinander und bauen so die Kompost-Miete in einer

harmonischen Proportion von Breite und Höhe auf und decken sie zu, damit

neues Leben einziehen, sich hier beheimaten kann – wir wollen ja am Ende der

Kompost-Werdung eine lebendige Substanz, welche unseren Gartenböden gut

ernährt, damit gesunde Pflanzen aus ihm wachsen können. Das Ziel im Sinne

einer nachhaltigen Bodenbelebung ist damit erreicht.


So hat uns das Nach-Denken über den Begriff Kompost hingeführt zu einer

Haltung zum Kompost, welche sich in einem achtungsvollen Verständnis

und einer klaren Wortwahl zum Ausdruck bringt.


Wir hauen, schmeißen, werfen nicht mehr, sondern wir legen.


Wir legen es auf eine Miete anstatt auf einen Haufen.


Wir beleben mit dem Kompost den Boden, anstatt die Pflanze zu ernähren.


Wir entsorgen nicht mehr den Abfall, sondern tragen Sorge für einen guten

Umwandlungsprozess.


Mit dieser, aus dem Denken gewonnenen - also menschengemäßen - Haltung,

dürfen wir nun mit der Arbeit beginnen und besinnen uns dabei des

Goethewortes:

Das Was bedenke, mehr bedenke wie!


1. Die erste Frage wird sein: Wo baue ich meine Kompostmiete auf?

Als erstes suche ich einen Ort, an dem ich jeden Tag einmal vorbeikomme – denn

die Kompostmiete braucht meine Aufmerksamkeit. Ich lege sie an einem Ort an,

wo der Wind nicht auf ihre lange Seite trifft. Im Frühjahr achte ich darauf, dass

ihre lange Seite nicht gegen Süden schaut, damit sie nicht austrocknet. Lege ich

die Miete im Herbst an, achte ich darauf, dass gerade ihre Längsseite nach Süden

schaut, damit sie genug Wärme bekommt.


Sobald ich den Ort gefunden habe überlege ich den Platzbedarf:


Freigelassener Platz zum Umsetzen - Platz für die Miete - Platz zum Sammeln


2. Wie baue ich die Kompostmiete auf?

Die Grundüberlegung ist: Welches Material fällt an zum Kompostieren? Trockene

Blätter, dürre Äste, Strauchschnitt, Grasschnitt, Gejätetes, Küchenabfälle, Asche

u.a.m.

Im Prinzip beginnt man mit einer trockenen Schicht, darüber kommt Erde, dann

Grünes oder frisches Organisches, weiter wieder Trockenes, Erde, Grünes….

Die Schichten werden gleichmäßig gelegt, damit keine Fäulnisherde oder

Trockenstellen sich bilden können.

Ist die Miete hoch genug (mindestens 90 cm), gießt man sie gut ein und deckt sie

entweder mit Stroh, langem Gras oder einem Kompostvlies zu.

Abdeckung

Erdiges, Ton

trockenes Material

frisches Organisches

Erdiges, Ton, Kompost

trockenes Material, Zweige

etwas Kalk oder Steinmehl darüber streuen

frische Küchenabfälle, Grasschnitt, Mist

trockenes Material, Zweige, Blätter

auf Gartenerde oder Wiese die erste Schicht legen


Über die nassen Küchenabfälle oder anderem nassen, frischen Organischem

streut man (wie Staubzucker) Kalk darüber, damit der ph-Wert gehalten wird,

keine Fäulnis sich entwickelt und kein Gestank entsteht. Die Kompostmiete darf

zu keiner Zeit stinken und der entstandene Kompost soll am Ende geruchlos sein.

Biodynamisch arbeitende Gärtner und Gärtnerinnen präparieren sie noch mit

den Kompostpräparaten von Eichenrinde, Brennnessel, Kamille, Schafgarbe,

Löwenzahn und Baldrian, damit die Umwandlungsprozesse harmonisch

beginnen können.


  1. Wann setze ich die Miete auf, wie gestalte ich das Sammeln und wie oft

muss man umsetzen?

Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem man eine Miete aufsetzen muss, sondern das

hängt vom anfallenden oder gesammelten Material ab. Das Sammeln der

Materialien bedarf einer gut durchdachten Struktur, abhängig vom vorhandenen

Platz. Wenn man die Materialien getrennt sammelt, braucht man für jede Art

einiges an Platz und außerdem könnte es sein, dass z.B. die Küchenabfälle zu

stinken anfangen, d.h. dass der ph-Wert sinkt. Zu dicht aufeinander liegender

Grasschnitt wird heiß und beginnt ebenfalls zu stinken. Deshalb können wir das

Sammeln besser in Lagen gestalten und dann eben öfter eine Miete aufbauen.


4. Was passiert nun in der Miete?


Als erstes ziehen sofort Bakterien ein, da viel energiereiches Material dabei

ist (alles Grüne). Sie beginnen mit dem Abbau der organischen Struktur.

Dazu wird Sauerstoff benötigt. Nach der ersten Hitze kommen auch Pilze

dazu, welche diesen Abbau unterstützen und nach ein zwei weiteren

Wochen beginnt schon der Umbau. Nach mehreren Wochen können wir im

besten Fall schon die ersten Würmer und Springschwänze entdecken,

welche nun den neuen Kompost aufbauen.



Bedingungen für einen harmonischen Ablauf dieser Prozesse:


Alles Lebensgeschehen hängt vom Verhältnis der vier Grundelemente Wasser,

Erde, Luft und Feuer ab. Deshalb müssen wir die Verhältnisse der Elemente

genauer ins Auge fassen, wenn wir gute Lebensverhältnisse schaffen wollen. Im

Hinblick auf die richtigen Bedingungen in der Kompostmiete lassen wir uns

gerne von Aristoteles beraten. Er suchte nach der goldenen Mitte zwischen den

menschlichen Eigenschaften und entwickelte dafür eine brauchbare Struktur: Er

fragte, wo die Mitte zwischen Übermut und Feigheit liegt und kam so auf den

Mut, welcher als Tugend für eine gute Lebensführung ganz brauchbar ist. Und so

können wir auch nach der Mitte der Eigenschaften fragen, welche die

Lebensprozesse in der Kompostmiete optimal unterstützen:


Wasser: nass – trocken / Was ist hier die Mitte?

Der Kompost sollte durchfeuchtet sein

Zu nass: kein Luftzutritt, anaerobe Situation, Fäulnis

Zu trocken: keine Aktivität

Was kann ich tun?

Ist der Kompost zu nass, muss ich ihn wenden und trockenes Material einbringen.

Ist der Kompost zu trocken, dann gießen wir ihn.


Feuer: heiß – kalt / Was ist hier die Mitte?

Der Kompost sollte durchwärmt sein

Zu heiß: führt zu hohen Verlusten

Zu kalt: keine Umbauprozesse

Was kann ich tun?

Ist der Kompost zu heiß wende ich ihn und gebe Erde bei zur Abkühlung.

Ist der Kompost zu kalt, dann wende ich ihn und heize ein, d.h. ich gebe viel

frisches Grünes bei.


Luft (Licht): dicht – luftig/ Was ist hier die Mitte?

Der Kompost sollte durchlüftet sein

Zu locker: trocknet aus

Zu dicht: anaerobe Situation, keine Bakterien

Was kann ich tun?

Liegt der Kompost zu locker, dann wende ich ihn und füge etwas Schweres bei

(Erdiges und gut feuchtes Organisches)

Ist der Kompost zu dicht, dann wende ich ihn und füge Äste bei, dass er Lufträume erhält.


Erde: mineralisch – organisch/Was ist hier die Mitte?

Der Kompost sollte durcherdet sein

Zu viel organische Substanz: faulig

Zu viel Erde: wenig Düngerwirkung

Was kann ich tun?

Hat der Kompost zu viel organische Substanz, dann wende ich ihn und füge ihm

Trockenes und Erdiges bei.

Ist der Kompost zu erdig, dann wende ich ihn und füge ihm organische Substanz bei.


Durchfeuchtet, durchwärmt, durchlichtet, durcherdet sind Empfindungsbegriffe

und diese Empfindung können wir am Kompostierungsprozess gut schulen, sodass wir ihr auch immer mehr vertrauen lernen und wir nicht immer nach „verlässlichen Zahlen“ spähen, damit wir Sicherheit im Tun gewinnen. Denn auch wir fühlen uns wohler in durchwärmten, durchfeuchteten, durchlichteten und durchlüfteten Bedingungen.


Für alle, die mehr über die Abbau- und Aufbauvorgänge wissen wollen, habe ich diese Tabelle von DI Florian Amlinger (Netzwerk Kompost) eingefügt. Mit ihm habe ich über Jahre immer wieder am Thema Kompost gearbeitet.



Hier finden Sie eine vereinfachte Übersicht über die an der Kompostierung beteiligten Prozesse:





Erst sie bauen die von den Bakterien und Pilzen vorbereiteten organischen

Materialien zusammen mit den Tonanteilen in Ton-Humus-Komplexe oder

ugs. ausgedrückt in „Gasthäuser zum goldenen Krümel“ um.


Ohne sie hätten wir nur mineralischen Abbau (Bakterien und oft Umsetzen)

oder Vertorfung (abiotische Humifizierung).


Wir aber wollen Krümel (Ton-Humus-Komplexe) – und wenn wir das Bild

anschauen, wissen wir auch warum: Mit ihnen können wir dauernde

Bodenfruchtbarkeit aufbauen. Verständnis bringend darüber zu sprechen

fehlt uns heute die Zeit und es würde dieser umfassenden Thematik nicht

gerecht werden, sie nur zu streifen.






Eine Zeichnung von Dr. Jürgen Friedel, a.o. Univ. Prof. an der BOKU Wien (gest. 2005) in memorian








Krümelige Erde führt:

  • zur verbesserten Wasseraufnahme (Schwammfunktion des Bodens)

  • zur ausgeglichenen Ernährung der Pflanze und Anregung zu reichen

Wurzelbildung, da die Pflanze ihre Nahrung suchen muss

  • zu Dauerfruchtbarkeit des Bodens

  • zu reicherem Bodenleben


Unter der Voraussetzung, dass die Krümel nicht zerstört werden durch:

  • zertrümmernde Bodenbearbeitung (Fräsen und

    zapfwellengetriebene Bearbeitungsmaschinen, übermäßiges Hacken)

  • mangelnden Schutz vor Regengüssen (zu wenig gemulcht oder begrünt)


Für alle unter Euch, die im Umgang mit dem Lebendigen auch nach dem

Spirituellen suchen, möchte ich hier noch eine Gedankenfährte legen und

ermutigen, das Kompostgeschehen aus der Perspektive der drei Tage

Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag zu meditieren!


Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine krümelige Zeit

in ihrem Garten oder auf dem Feld!


Waltraud Neuper, Pöls am 17.3.2025

 
 
 

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